Erdbeben in Österreich
Für eine verlässliche Abgrenzung von Erdbebenzonen benötigt man zumindest eine mehrere Jahrhunderte umfassende Erdbebenstatistik. Die österreichische Starkbebenchronik (Chronik der Schadenbeben) reicht bis zum Jahre 1201 n.Chr. zurück. Vor dem 17. Jahrhundert ist sie allerdings lückenhaft, doch kann man mit ihrer Hilfe schon recht gut die aktiven Erdbebenzonen erfassen und statistische Aussagen über die Wiederholungswahrscheinlichkeit von Schadenbeben machen, denn eine wesentliche Änderung der Erdbebenaktivität erfolgt höchstens in geologischen Zeiträumen.
Datum | Epizentralgebiet | Mercalli-Sieberg Skala | Richter Skala (Magnitude*) |
04.05.1201 | Katschberg, Stmk. | 9 | 6,1 |
08.05.1267 | Kindberg, Stmk. | 8 | 5,4 |
25.01.1348 | Friaul | 10 | 6,8 |
??.02.1468 | Niederösterreich | 8 | 5,2 |
01.11.1571 | Innsbruck, Tirol | 7 | 4,5 |
04.01.1572 | Innsbruck, Tirol | 8 | 5,2 |
15.09.1590 | Riederberg, NÖ | 8 | 5,2 |
15.09.1590 | Riederberg, NÖ | 9 | 5,75 |
17.07.1670 | Hall in Tirol | 8 | 5,2 |
22.12.1689 | Innsbruck, Tirol | 8 | 5,2 |
04.12.1690 | Friaul | 9 | 6,1 |
10.04.1712 | Wiener Neustadt, NÖ | 6 | 4 |
05.08.1766 | St. Magarethen, Bgld. | 7 | 4,6 |
16.08.1766 | St. Magarethen, Bgld. | 7 | 4,6 |
21.11.1767 | Strassburg | 7 | 4,8 |
27.02.1768 | Wr. Neustadt, NÖ | 7 | 5 |
06.02.1794 | Leoben, Stmk. | 7 | 4,7 |
18.07.1810 | Admont, Stmk. | 6 | 4,5 |
14.03.1837 | Mürzzuschlag-Semmering Stmk. | 7 | 4,7 |
17.7.1820 | Schwaz | 7 | 4,5 |
13.07.1841 | Wiener Neustadt, NÖ | 6 | 4,0 |
25.12.1857 | Rosegg, Ktn. | 7 | 4,6 |
17.07.1876 | Scheibbs, NÖ | 6-7 | 4,4 |
01.05.1885 | Kindberg, Stmk. | 7 | 5,0 |
28.11.1886 | Nassereith, Tirol | 7-8 | 5,1 |
12.04.1888 | Siegendorf- St. Magarethen, Bgld. | 7 | 4,6 |
13.07.1910 | Nassereith-Silz, Tirol | 7 | 4,8 |
01.05.1916 | Judenburg, Stmk. | 7 | 4,7 |
25.07.1927 | Wartberg, Stmk. | 7 | 5,1 |
08.10.1927 | Schwadorf, NÖ | 8 | 5,2 |
08.10.1930 | Namlos, Tirol | 7-8 | 5,3 |
08.11.1938 | Ebreichsdorf, NÖ | 7 | 5,0 |
18.09.1939 | Puchberg am Schneeberg, NÖ | 7 | 5,0 |
16.04.1972 | Seebenstein-Pitten, NÖ | 7-8 | 5,3 |
06.05.1976 | Friaul | 10 | 6,5 |
*) Anmerkung: Die Richter-Magnitude von nur makroseismisch ausgewerteten Beben kann durch den Vergleich mit ähnlich starken, makroseismisch und mikroseismisch untersuchten Beben näherungsweise bestimmt werden.
Stärke der Beben
Die stärksten österreichischen Erdbeben - auch solche ohne Schadenswirkungen - treten durchwegs in den zumeist gut bekannten Erdbebengebieten auf; am häufigsten in Nordtirol (Unterinntal, Lechtaler Alpen) und in der Zone Murtal, Mürztal - Semmering - südliches Wiener Becken. Die nebenstehende Karte zeigt die geographische Verteilung der Zonen mit den energiereichsten Starkbeben Österreichs (rot). Schwächere Erdbeben können in unserem Bundesgebiet auch außerhalb der umgrenzten Zonen (gelb) beobachtet werden.
Häufigkeit der Beben
Schadenbeben treten in Österreich in sehr unregelmäßiger Folge auf. Im statistischen Mittel, also stark gerundet, gibt es alle zwei Jahre ein Beben mit einer Epizentralintensität von mindestens 6o MSK, alle 10 Jahre ein von mindestens 7 o MSK und alle 50 Jahre ein zerstörendes Beben von mindestens 8 o MSK, Extreme Erdbeben von mindestens 9 o MSK sind bei uns zwar selten, aber in den vergangenen 800 Jahren immerhin viermal aufgetreten.
Das sogenannte "Villacher Beben" vom 25. Jänner 1348
Bis zum Jahr 1992 wurde angenommen, dass das Villacher Beben im Jahr 1348 das bisher stärkste österreichische Erdbeben war.
Eine umfangreiche Studie aus dem Jahre 1992 konnte aber nach kritischer Bearbeitung zahlreicher Originalberichte aus Klosterannalen, Stadtchroniken, Briefen von Kaufleuten - die entlang der alten Handelsstraßen die Schäden an Ort und Stelle sahen - zeigen, dass das Epizentrum nicht in Villach, sondern in Friaul gelegen haben muss. Obwohl dieses Beben somit nicht mehr zu den "österreichischen" gehört, werden hier die Auswirkungen auf das Bundesland Kärnten beschrieben. Die Erdbebenschäden in Villach beschreibt am besten der Bericht des Geistlichen Andreas von Regensburg (1380-1438), der Augenzeugen - Kaufleute aus Regensburg und Prag - zitierte. Andreas von Regensburg beschrieb darin, "....dass das Erdbeben so stark war, dass Villach mitsamt der Burgmauer, dem Kloster und der(n) Kirche(n) zerstört wurde und alle Mauern und Türme bis auf 11 Zinnen einstürzten. Der Boden spaltete sich mitten in der Stadt und daraus kam nach Schwefel riechendes Wasser, das wieder abfloss. In Krain und Kärnten wurden die Burg Kellerberg, das Kloster Arnoldstein und weitere 36 Burgen zerstört. Es gab Bergstürze und durch das aufgestaute Wasser wurde im Umkreis von 10 Meilen alles verwüstet. Das Erdbeben dauerte 8 Tage und es entstanden so tiefe Bodenspalten, dass man bis zum Gürtel darin versunken wäre. Die Kaufleute überlebten das Beben, ihre vier Gesellen kamen um."
Die in der Literatur wiederholt erwähnte vollkommene Zerstörung der Stadt Villach und die große Anzahl an Toten (bis zu 5000) ist auf Grund der zeitgenössischen Berichte nicht zu bestätigen. 1348 wurde Villach auch von der Pest, die durch Europa zog, heimgesucht. In vielen Berichten wird das Erdbeben und der "schwarze Tod" in einem Atemzug genannt; Pest- und Erdbebenopfer darin auseinander zuhalten ist dann nicht mehr möglich, was auch ein Grund für die, in manchen Nachrichten zitierte, hohe Zahl an Erdbebenopfern in Villach ist. Dieses Erdbeben ist vergleichbar mit der Friauler Bebenkatastrophe vom 6. Mai 1976.
Das sogenannte "Neulengbacher Beben" vom 15. September 1590
war deutlich schwächer als das Villacher Beben, war für Wien das bisher stärkste Erdbeben. Neben vielen Gebäudeschäden waren auch hier mehrere Todesopfer zu beklagen.